Wer hat Angst vor Farben? Mia aka @mehr.von.mia mitnichten! 2018 hat die 33-Jährige eine runde Turmwohnung in München gekauft, die seit den 70er-Jahren kaum renoviert worden war. „Der kleine Rohdiamant war trotzdem Liebe auf den ersten Blick“, schwärmt Mia und hat die 92 qm große Dachterrassenwohnung mit der Kernsanierung aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst. Der Einzug mit ihrem Freund im vergangenen Sommer ist gleichermaßen die Ouvertüre von Farbexperimenten zwischen intensivem Yves-Klein-Blau und zarten Pudertönen. Und von einer Reise zu ihrem kreativen Selbst. „Eine Challenge war der runde Grundriss trotzdem – das war ein bisschen, als hätten wir auf Pizzastücken Tetris gespielt“, lacht Mia.
Ein Gespräch über die Herausforderung, eine runde Wohnung einzurichten und wie es trotzdem klappt, über Orte und Personen, die Mia inspirieren, und über die Frage, warum es bei ihr immer bunter wird – Vorher-nachher-Bilder inklusive!
Liebe Mia, ihr wohnt in einem besonderen Haus …
Ich habe schon immer von einem außergewöhnlichen Zuhause geträumt und hätte nie gedacht, dass dieser Traum in einer Stadt wie München wahr werden kann.
Mia ist im Allgäu aufgewachsen und ein absolutes Natur- und Bergmädchen. Eine schöne Bergtour mit Freunden und ihren Hunden machen sie unglaublich glücklich.
Der maßgefertigte Raumtrenner rechts trennt nicht nur Küche und Wohnbereich, sondern bietet gleichzeitig Stauraum und Sitzfläche.
Erzähl uns doch bitte ein wenig mehr darüber.
Das Haus wurde 1973 von einem ziemlich eigenwilligen Architekten im Bauhaus-Stil entworfen. Er hat sich dazu von einem bekannten Gebäude in München, das etwa zur selben Zeit gebaut wurde, inspirieren lassen: dem BMW-Vierzylinder. So entstanden zwei zylinderförmige Häuser, die auf massiven Säulen etwa 1,50 m über dem Boden stehen und durch ein Treppenhaus miteinander verbunden sind. Die Konstruktion wird ausschließlich von den Säulen und den Stahlbetondecken gestützt. Es gibt keine einzige tragende Wand – inklusive Fassade.
Mia schätzt besonders die runde Form des Hauses und die vielen Fenster, die die Wohnung hell und luftig machen.
'„Außer Kleinmöbeln konnten wir nichts von der Stange kaufen.“
Die roten Miura-Barhocker sind von Plank, farblich dazu passend: das Bild „Skabiosen“ von Mike Klar aka @HerrKLAR . Die blaue Lake Bowl von Pulpo bildet einen schönen Kontrast. Über der Kochinsel sorgen die AIM-Pendelleuchten von Flos für Licht. Der Zanafi-Läufer ist aus Marokko (über @redcityrugs auf Instagram).
Vor der Kernsanierung: So sah die Turmwohnung aus, als Mia sie 2018 kaufte. Ihre Hunde sind mit eingezogen.
Das heißt, der runde Grundriss konnte auch individuell gestaltet werden?
Genau. Wir haben uns für einen offenen Küchen-Wohn-Essbereich sowie Schlafzimmer, Homeoffice und Bad entschieden. Besonders dankbar sind wir für unsere Dachterrasse, die genauso groß wie die Wohnung ist.
Von hier oben überblickt Mia den fast 4.000 qm großen Gemeinschaftsgarten, der einer kleinen Oase mitten in der Stadt gleicht. Im kommenden Jahr planen Mia und ihr Freund, die Dachterrasse zu renovieren und einen richtigen Dachgarten anzulegen.
Zwei runde Türmchen sind durch ein Treppenhaus miteinander verbunden.
Ein runder Grundriss birgt aber auch einige Herausforderungen, oder?
Funktionalität und Stauraum standen für uns an erster Stelle. Aber außer Kleinmöbeln konnten wir nichts von der Stange kaufen. Daher habe ich all unsere Einbaumöbel gemeinsam mit unserem Schreiner selbst entworfen.
Welche Einbaumöbel habt ihr anfertigen lassen?
Die Schränke, die Raumteilereckbank und den Esstisch, die Küche, den Waschtischunterschrank sowie das Sideboard im Wohnzimmer. Alle Einbaumöbel sind von DPH Voss. Unser Schreiner hat dabei wirklich Unglaubliches geleistet, denn wir haben neben unserer sich nach außen hin öffnenden Pilzdecke auch einen leicht abschüssigen Boden.
Über dem gelben Pyllow-Sofa von MYCS hängt der Sweet-Spiegel von Gervasoni. Darüber wacht die Arco-Bogenleuchte von Flos. Als weitere (und wandernde) Sitzmöglichkeit dient der Bold Chair von Moustache. Die Beistelltische sind der Enoki von e15 sowie ClassiCons Adjustable Table. Der Zapotek-Wandteppich links ist von Viva Interior.
„Die Farben haben eine beruhigende Wirkung auf mich.“
Den über 60 Jahre alten Vintage-Beni-Ourain mag Mia besonders. Er erinnert sie an einen ganz besonderen Tag bei Freunden in Marrakesch, die dort einen wunderbaren Laden in den Souks besitzen (@habibsisouk auf Instagram). Der Teppich selbst stammt aus dem Hohen Atlas. Das Sideboard ist eine Maßanfertigung.
Wie war es für dich, deine Eigentumswohnung komplett zu renovieren?
Die Renovierung war und ist für mich eine kleine Reise zu meinem kreativen Selbst. Beruflich bin ich den ganzen Tag für andere kreativ, zu Hause kann ich es ganz für mich sein – das schafft einen guten Ausgleich. Und tatsächlich fühle ich mich mit jeder Veränderung stärker in meinem eigenen Stil gefestigt.
Eckbank und Esstisch sind Maßanfertigungen. Als weitere Sitzmöglichkeiten dienen ein Wire Chair von Knoll International und blaue Week-End-Stühle von Petite Friture. Die Spiralleuchte auf der Ablagefläche ist ein Vintage-Stück nach Ingo Maurer. Platz für Deko bieten die Wandregale Loop Corolla von Petite Friture (links) und Isola von Moustache (rechts).
„Es war mir wichtig, dass ein Gesamtkonzept erkennbar ist und Möbel fließend in die Architektur übergehen.“
Neu eingezogen: der Lipstick von artcanbreakyourheart – einen Buchstabenhocker besaß sie bereits von Sascha.
Du bist auch beruflich kreativ unterwegs …
Ich habe mit Mitte zwanzig eine Kreativ- und Designagentur mitbegründet. Die Geschäftsführung habe ich mittlerweile abgegeben (um nach sieben Jahren auch mal richtig Urlaub machen zu können), leite dort aber nach wie vor mein Team und setze die unterschiedlichsten Konzepte und Ideen für unsere Kunden um. Außerdem arbeite ich parallel an einem veganen Food-Start-up – damit geht für mich ein großer Traum in Erfüllung.
Was für Konzepte sind das, die ihr umsetzt?
Wir sind eine 360°-Agentur, dementsprechend kann es vieles sein: vom Markenaufbau über Print- und Digitalkampagnen bis hin zu Messeauftritten und Events.
Das Zeal-Schlafsofa für Gäste ist von Innovation. Darüber finden ein Vintage-String-Regal von Nisse und AJ-Eklipta-Wandleuchten von Louis Poulsen Platz. Die schwarze AJ Stehleuchte ist ebenfalls von Louis Poulsen, der große Vintage-Arlanda-Couchtisch von B&B Italia. Die Spun-Light-Chrome-Leuchte am Fenster ist von Flos, der Schreibtischstuhl vor dem in die Schrankwand integrierten Schreibtisch ist Vitras Soft Pad Alu-Chair. Mittlerweile ist die Wand übrigens in einem soften Peach gestrichen.
Worauf legst du bei der Gestaltung deines Zuhauses Wert?
Wir leben jetzt seit einem guten Jahr hier und es ist so spannend zu sehen, wie sich die Wohnung in dieser Zeit verwandelt hat. Den größten Wert lege ich darauf, dass sich die Räume wirklich nach uns und nicht nach Katalog anfühlen.
Wie würdest du heute deinen Wohnstil in drei Worten beschreiben?
Experimentell, (Modern) Boho, Reise-inspiriert.
Das Bett vor der Yves-Klein-blauen Wand ist von Monoqi. Für Licht sorgen die Rattan-Pendelleuchte von Market Set, die AJ-Eklipta-Wandleuchte von Louis Poulsen sowie Artemides Tolomeo Micro auf dem Saarinen-Beistelltisch von Knoll International. Der Spiegel im Eck ist der Vintage Lipstick von Roger Lecal.
Du liebst es hell und farbenfroh, wobei dein Zuhause überhaupt nicht „kunterbunt“ und unruhig wirkt.
Genau. Ganz im Gegenteil: Die Farben haben eine beruhigende Wirkung auf mich. Gleichzeitig finde ich, dass das Farbkonzept der Architektur und des Bauhaus-Heritage des Hauses gerecht wird. Außerdem war mir wichtig, dass ein Gesamtkonzept erkennbar ist und Möbel fließend in die Architektur übergehen. So haben wir zum Beispiel Mikrozement – das Material, aus dem unser Boden gespachtelt wurde – auch auf vielen Möbeln eingesetzt.
„Es kann schon mal passieren, dass ich mitternachts anfange zu streichen oder irgendwo Fliesen zu legen.”
Mit welchen Charaktereigenschaften würdest du dich selbst beschreiben?
Emphatisch bis harmoniesüchtig, optimistisch bis naiv, sturköpfig bis perfektionistisch. Meistens aber einfach unkompliziert und liebevoll.
Nach der Sanierung erstrahlt das Badezimmer nun in Zellige-Fish-Large-Fliesen von Mosaic Factory. Waschbecken und Toilette sind aus der Bagno-di-Colore-Serie von Globo, die Montreux-Armaturen in Brushed Black Chrome von Axor. Die Waschmaschine hat im maßgefertigten Waschtischunterschrank einen versteckten Platz gefunden.
Spiegeln sich diese Eigenschaften auch in deiner Wohnung wider?
Wenn ich eine fixe Idee im Kopf habe, überlege ich nicht lange, sondern verfalle in übertriebenen Aktionismus und will alles sofort fertig haben. So kann es schon mal passieren, dass ich mitternachts anfange zu streichen oder irgendwo Fliesen zu legen.
Die 2,30 m hohe seltene Euphorbia Variegate würde Mia als ihren größten Glückskauf bezeichnen: Den fast weißen Kaktus neben dem Sofa hatte ein Paar aus Platzgründen günstig abzugeben. Im Geschäft hätte Mia wohl mehr als den zehnfachen Preis dafür bezahlt.
Das Reisen spielt in deinem Leben auch eine große Rolle ...
Ja, neue Länder, Menschen und Kulturen sind für mich eine riesige Inspirationsquelle für alle Lebensbereiche. Außerdem habe ich die schönen Erinnerungen an meine Lieblingsstädte Marrakesch und Tel Aviv thematisch aufgegriffen, sodass sich unser Zuhause für mich immer ein wenig nach Urlaub anfühlt. Es ist meine ganz eigene kleine Welt, mein Safe Place.
Woher nimmst du ansonsten deine Inspiration?
Tatsächlich hauptsächlich aus den Online-Wohn-Communitys auf SoLebIch und Instagram. Hier geht es nämlich nicht nur um anonyme Likes – hinter den Accounts stehen Menschen mit unglaublicher Kreativität und Talenten, mit denen man eine besondere Leidenschaft teilen darf.
Der Wohnbereich vor der Sanierung
Zum Beispiel?
… Mike von @HerrKLAR : Seine Wohnung ist einfach eine riesige Inspirationsquelle. Er und seine Ideen haben meinen Stil und das Farbkonzept insgesamt sicher am meisten geprägt. Oder Bernd von @Munichjungle : Ihm habe ich zu verdanken, dass die Wohnung immer mehr zum Urban Jungle mutiert.
Abschließend noch eine Frage: Welche drei Dinge wissen wir noch nicht über dich?
1. Ich heiße eigentlich Kristina-Maria. Außer meiner Oma nennt mich aber kaum jemand so.
2. Ich lebe aus Tierliebe seit fast 20 Jahren vegan, mag das Wort aber überhaupt nicht, weil es irgendwie dogmatisch und nach Verzicht klingt (so ist es nämlich gar nicht).
3. Ich bin verrückt nach Hunden: Neben unseren drei eigenen haben wir noch zwei Pflegehunde in Marokko.
