Gleißendes Sonnenlicht dringt durch die großen Altbaufenster und flutet den 50 qm großen Wohnraum, während einzelne Schatten über die fast 3,70 m hohe Stuckdecke huschen. So hell und luftig wie das Wohnzimmer zeigt sich die gesamte Altbauwohnung von Esra aka @Ilikeittidy , die hier seit drei Jahren auf 160 qm mit ihrer Familie in Berlin-Charlottenburg lebt. Drei der vier Zimmer sind Durchgangszimmer und verleihen dem klassischen Charlottenburger Altbau einen loftartigen und weitläufigen Charakter. Es ist aber auch die behutsame Wahl von Möbeln und Accessoires, die dem Zuhause die Aura von warmem Minimalismus schenkt. „Ich glaube wirklich, weniger macht glücklicher“, resümiert Esra.
Wir haben uns mit der gebürtigen Berlinerin darüber unterhalten, weshalb die Größe des Zuhauses nur bedingt etwas mit Minimalismus zu tun hat, wieso Esra an einem Kebab-Print hängt und warum auch Kinderzimmer im Hinblick auf Design nicht so stiefmütterlich behandelt werden sollten.
Euch gefällt Esras Wohnstil? Den von ihr inspirierten „Shop the Look“ findet ihr am Ende des Beitrags.
Herzstück des luftig eingerichteten Wohnzimmers ist das Mags-Sofa von HAY. Die beiden Loungesessel aus Rattan gegenüber sind von HKliving, der Tray Table dazwischen ist ebenfalls von HAY. Die IVAR-Sideboards von IKEA hat Esra selbst gestrichen.
Liebe Esra, eure Altbauwohnung ist luftig, weitläufig und klar eingerichtet. Wie würdest du den Stil beschreiben?
Als Mix aus einem warmen Minimalismus mit viel Holz und einem Sammelsurium an Leuchten. Diese gehören auch zu meinen liebsten Dekoelementen.
Esra (39) ist Diplom-Betriebswirtin, arbeitet aber nicht mehr in dem Bereich. „Ich bin wohl in einem Alter, in dem man sich gerne noch mal umorientieren möchte und hoffentlich auch bald kann. Corona hat hier tatsächlich meine Pläne etwas durchkreuzt“, erklärt Esra. „Tatsächlich wollte ich immer schon Interiordesign oder Architektur studieren, für ein Studium habe ich zwar keine Zeit mehr, aber ich bin gespannt, was die Zukunft so bringt.“
Du magst besonders die drei Durchgangszimmer der Wohnung. Warum?
Sie schenken einfach ein weites Raumgefühl. Außerdem liebe ich das Licht in unserer Wohnung wirklich sehr. Schon bei der Besichtigung waren wir sehr beeindruckt und verliebten uns sofort in die großen Fenster. Uns war sofort klar: Das ist die richtige Wohnung für unsere Familie! Hier können die Kinder sprichwörtlich im Kreis rumrennen.
Blick vom Wohnzimmer in das Spiel- und in das dahinter liegende Schlafzimmer der Kinder
„Ich finde, dass auch Kinderzimmer im Hinblick auf Design nicht so stiefmütterlich behandelt werden sollten.“
Der runde Esstisch ist von HAY, die Stühle darum von e15 und Frama. Die schwenkbare Wandleuchte ist die 265 von Flos.
Wo hältst du dich zu Hause am liebsten auf?
Ich genieße gerne einen guten Kaffee auf der Couch, während die Kinder im Kinderzimmer spielen. Ich liebe den Blick in die Kinderzimmer und finde, dass auch diese im Hinblick auf Design nicht so stiefmütterlich behandelt werden sollten. Sie sind ja ein Teil der Wohnung und sollten auch in das Konzept passen. Gut geplant, können sie ebenfalls Ruhe in die Wohnung bringen.
Blick vom Spielzimmer der Kinder ins Wohnzimmer. Das Pikler Dreieck und die Turnringe kann Esra von Herzen weiterempfehlen: „Die sind mit Abstand die beste Investition gewesen, sie werden täglich bespielt und sind ihr Geld definitiv wert!“
Auf was hast du bei der Einrichtung der Kinderzimmer Wert gelegt?
Für mich war es immer wichtig, das Kinderzimmer im Einklang mit dem Rest der Wohnung zu gestalten – also eher unaufgeregt mit viel Holz, wenig Plastik. Ich kaufe auch selten Dekoration, die explizit für Kinder gemacht wurde. Das ist mir zu viel Chichi und oft zu niedlich – ein Tier hier, ein Bommel da. Das ist nicht meins.
Was würdest du werdenden Eltern in Bezug auf die Einrichtung der Kinderzimmer raten?
Ich finde, dass man gerade am Anfang kein separates Kinderzimmer braucht. Eine Kommode mit Wickelaufsatz im Schlafzimmer reicht komplett aus. Jetzt, wo unsere Kinder älter geworden sind und Corona-bedingt, haben sie mittlerweile zwei Kinderzimmer – eines zum Schlafen und eines zum Spielen. Einen wirklichen Rat möchte ich Eltern aber eigentlich gar nicht geben, denn jede Familie, jedes Kind ist anders und hat andere Bedürfnisse. Trotzdem bin ich überzeugt: Weniger ist auch im Kinderzimmer mehr.
Für Esra ist es wichtig, dass das Kinderzimmer mit viel Holz im Einklang mit dem Rest der Wohnung gestaltet ist.
Du bezeichnest deinen Stil als minimalistisch. Hast du trotzdem zu einem Gegenstand eine besondere Beziehung aufgebaut?
Ich versuche tatsächlich keine große emotionale Bindung zu Gegenständen aufzubauen. Als ich anfing, mich mit Minimalismus zu beschäftigen, war das wohl mein erstes Learning: sich einfach von dem Gefühl frei machen, besitzen zu müssen. Aber ich liebe die Kunstwerke meiner Kinder, die im Kinderzimmer hängen, und ich mag den Paris-Kebab-Print von Jan Bajtlik im Wohnzimmer. Er erinnert mich an die Zeit, als ich noch in Paris studiert habe.
Paris-Kebab-Print von Jan Bajtlik auf dem IVAR, davor Muutos Ridge-Vase
Gibt es dennoch etwas, das aktuell auf deiner Einrichtungswunschliste steht?
Ich liebe ja Leuchten! Gleichzeitig versuche ich aber auf Impulskäufe zu verzichten. Es gibt nichts Schlimmeres, als etwas zu kaufen und dann zu merken, dass man doch nur auf den Insta-Trendzug aufgesprungen ist! Aber ich liebäugle schon länger mit der großen Flos Chiara und der Vitra Akari UF3-Q.
Die beiden Wandleuchten zeugen von Esras großer Leuchtenliebe: in der Küche von DCW éditions, im Wohnzimmer von Flos.
„Es gibt nichts Schlimmeres, als etwas zu kaufen und dann zu merken, dass man doch nur auf den Insta-Trendzug aufgesprungen ist!“
Die Wandbogenleuchte N°2 im ebenfalls ruhig eingerichteten Schlafzimmer haben Muller Van Severen für valerie_objects entworfen. Die Hängeleuchte ist von Ay illuminate. Neben dem Bett dient Menus Androgyne als Nachttisch, die SINNERLIG-Bank mit Korkplatte vor dem Bett hat Ilse Crawford für IKEA entworfen. Der Sessel mit Wiener Geflecht ist von H&M Home.
Welchen Einrichtungstipp hast du für uns?
Reiß die blöde Raufaser sofort raus und glaube nicht, dass du es irgendwann machst, wenn du eingerichtet bist!
Welche drei Dinge wissen wir noch nicht über dich?
1. Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen, habe in Paris ein Semester studiert und ein paar Monate in London gelebt und gearbeitet.
2. Ich liebe Barcelona und würde hier alles sofort stehen und liegen lassen, um dorthin zu ziehen.
3. Was die Wohnung angeht, würde ich gerne mehr Kunst kaufen, tue mich aber bei der Entscheidung wahnsinnig schwer.
Neben Leuchten hat Esra ein Faible für Vasen entwickelt: Ihre liebsten sind die Kink von Muuto und die Alfonso von Project 213A.
Welche Frage hätten wir dir noch unbedingt stellen sollen?
Weniger eine Frage, aber oft ein Kritikpunkt, den ich häufiger höre, ist: „Bei 160 qm von Minimalismus zu predigen, ist ja auch leicht!“
Und was denkst du darüber?
Eigentlich spielt die Größe der Wohnung eine untergeordnete Rolle. Es ist eher das Mindset, also das grundlegende Verständnis für Besitztümer und deren Nutzen. Nachhaltigkeit ist immer ein großes Thema, aber natürlich auch Platz! Als ich anfing, minimalistischer zu leben, wohnten wir zu viert mit Hund auf 75 qm und die Aussicht auf eine größere Wohnung war zu dem Zeitpunkt irgendwie nicht gegeben. Also fing ich an auszumisten und das tue ich einfach konsequent weiter – egal ob auf 75 qm oder eben 160 qm. Ich glaube wirklich, weniger macht glücklicher.