Zu diesem Kerzenleuchter mit „indisch-grüner“ Malerei aus der Manufaktur Meissen kann ich eine Adventsgeschichte erzählen:
1998 habe ich Zivildienst in einer Dresdner Akutgeriatrie gemacht. Neben der unglaublich harten Arbeit, die ich niemals bis zur Rente hätte ausführen können - ich mag mir nicht ausdenken wie sich Krankenschwestern und Pfleger derzeit fühlen mögen, ihnen gilt meine allergrößte Hochachtung - gab es auch sehr berührende Momente. Ich hatte mich damals ein wenig mit der hochbetagten Patientin Frau M. angefreundet. Frau M. war lange vor dem 1. Weltkrieg geboren u. fiel mir zunächst durch ihren sehr eleganten Morgenrock (mit angedeuteter Schleppe!) auf. Ich kannte solche Kleidung aus Zara-Leander-Filmen. Auf den Mantel angesprochen antwortete sie: „Den habe ich auf der König-Johann-Straße gekauft“.
Die König-Johann-Straße war 1945 Schutt und Asche, hieß später Thälmannstraße und heute Wilsdruffer Str. Der Mantel war also viele Jahrzehnte alt. Frau M. wusste unglaublich spannende Geschichten zu erzählen, aber sie bekam leider außer von ihrer Putzfrau niemals Besuch. Deshalb habe ich mich manchmal nach Dienstschluss (!) zu ihr gesetzt. Das gefiel meiner Stationsschwester gar nicht: „Lassen Sie das gefälligst, sonst denken die Leute wir haben hier zu viel Zeit!“ (Ich habe mich allerdings nicht an diese Anweisung gehalten, die Besuche fanden nun statt, wenn Schwester K. nicht im Hause war)
Es war in der Adventszeit u. die Freude war groß, als mir Frau M. diesen wertvollen Leuchter geschenkt hat. Allerdings verlangte der eifersüchtige Stationsschwesterdrachen, dass ich den Leuchter umgehend zurückgeben solle. Sie sagte dazu sehr unschöne Sachen. Rein rechtlich durfte man als Zivi tatsächlich keine Geschenke annehmen, trotzdem war das reine Schikane. Zerknirscht gab ich das Porzellan an Frau M. zurück.
Das ist aber noch nicht das Ende der Geschichte: als ich am nächsten Tag nach der Arbeit zur Bushaltestelle ging, stand da Frau M.s Putzfrau und überreichte mir mit strahlendem Gesicht eine Weihnachtstüte mit eben diesem Leuchter u. sagte: „Nicht erwischen lassen!“
Als ich gestern im Wald, nahe meiner „Zivildienstklinik“ Kiefernzweige sammelte um den im Bild gezeigten Tischkranz zu binden, dachte ich ein bisschen an Frau M., erinnerte mich an unsere Gespräche u. beschloss diese Adventsgeschichte aufzuschreiben. Damit zieht Frau M. posthum ins www. und das Internet vergisst bekanntlich nichts!
1998 habe ich Zivildienst in einer Dresdner Akutgeriatrie gemacht. Neben der unglaublich harten Arbeit, die ich niemals bis zur Rente hätte ausführen können - ich mag mir nicht ausdenken wie sich Krankenschwestern und Pfleger derzeit fühlen mögen, ihnen gilt meine allergrößte Hochachtung - gab es auch sehr berührende Momente. Ich hatte mich damals ein wenig mit der hochbetagten Patientin Frau M. angefreundet. Frau M. war lange vor dem 1. Weltkrieg geboren u. fiel mir zunächst durch ihren sehr eleganten Morgenrock (mit angedeuteter Schleppe!) auf. Ich kannte solche Kleidung aus Zara-Leander-Filmen. Auf den Mantel angesprochen antwortete sie: „Den habe ich auf der König-Johann-Straße gekauft“.
Die König-Johann-Straße war 1945 Schutt und Asche, hieß später Thälmannstraße und heute Wilsdruffer Str. Der Mantel war also viele Jahrzehnte alt. Frau M. wusste unglaublich spannende Geschichten zu erzählen, aber sie bekam leider außer von ihrer Putzfrau niemals Besuch. Deshalb habe ich mich manchmal nach Dienstschluss (!) zu ihr gesetzt. Das gefiel meiner Stationsschwester gar nicht: „Lassen Sie das gefälligst, sonst denken die Leute wir haben hier zu viel Zeit!“ (Ich habe mich allerdings nicht an diese Anweisung gehalten, die Besuche fanden nun statt, wenn Schwester K. nicht im Hause war)
Es war in der Adventszeit u. die Freude war groß, als mir Frau M. diesen wertvollen Leuchter geschenkt hat. Allerdings verlangte der eifersüchtige Stationsschwesterdrachen, dass ich den Leuchter umgehend zurückgeben solle. Sie sagte dazu sehr unschöne Sachen. Rein rechtlich durfte man als Zivi tatsächlich keine Geschenke annehmen, trotzdem war das reine Schikane. Zerknirscht gab ich das Porzellan an Frau M. zurück.
Das ist aber noch nicht das Ende der Geschichte: als ich am nächsten Tag nach der Arbeit zur Bushaltestelle ging, stand da Frau M.s Putzfrau und überreichte mir mit strahlendem Gesicht eine Weihnachtstüte mit eben diesem Leuchter u. sagte: „Nicht erwischen lassen!“
Als ich gestern im Wald, nahe meiner „Zivildienstklinik“ Kiefernzweige sammelte um den im Bild gezeigten Tischkranz zu binden, dachte ich ein bisschen an Frau M., erinnerte mich an unsere Gespräche u. beschloss diese Adventsgeschichte aufzuschreiben. Damit zieht Frau M. posthum ins www. und das Internet vergisst bekanntlich nichts!
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Meissen
Meissen
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23.12.2020