So, hier mal wieder eines meiner eigenen Lieblingsstücke. Das Thema dieser Geschichte liegt mir besonders am Herzen.
Als Ben geboren wurde, waren die 60er Jahre schon lange vorbei. Trotzdem sollten deren Überbleibsel noch eine sehr wichtige Rolle in seinem Leben spielen.
Die Eltern des Jungen waren leidenschaftliche Flohmarktgänger und so riss ihre Faszination auch den kleinen Ben schon in jungen Jahren mit. Er staubte meistens Bücher ab und ab und zu mal Spielsachen. Ben liebte seine Eltern abgöttisch und freute sich jedes Mal, wenn sie zusammen Zeit auf dem Flohmarkt verbrachten. Eines Tages, als er ungefähr vier Jahre alt war, machte Ben einen ganz besonders interessanten Fund. An einem Stand entdeckte er eine Spardose, die die Form eines rosa VW-Bus hatte. Er war sofort total begeistert und wollte den Bus unbedingt haben. Umso erstaunter war er von der Reaktion seiner Eltern. Die meinten, dass eine rosa Spardose nichts für ihn sei, schließlich war er ja kein Mädchen. Ben verstand diese Reaktion nicht, warum sollten Jungen keine rosa Spardose kaufen dürfen? Außerdem war es doch ein Auto und damit spielten Jungen doch sehr häufig. Seine Eltern blieben stur, sie wollten ihm die Spardose einfach nicht kaufen. Da holte Ben sein kleines Portmonee heraus und fragte die Verkäuferin, was sie dafür haben wolle. Die sagte, dass sie sie so einem netten jungen Mann gerne schenken würde, sein Geld könne er dann gleich hineinwerfen. Ben bedankte sich tausend Mal und nahm den kleinen Bus überglücklich mit nach Hause. Seine Eltern blieben skeptisch, ließen ihn aber gewähren und bestanden schließlich darauf, dass er die Spardose in seinen Schrank stellte, wo sie niemand sehen konnte. Das tat er dann auch und steckte jeden Cent, den er bekam hinein.
Es sollten einige Jahre vergehen, bis Ben verstand, warum seine Eltern sich so gegen die Dose gesträubt hatten. Er zeigte sie einem Freund, der in prompt fragte, ob er denn schwul sei. Bis dahin hatte Ben noch nie etwas von Homosexualität gehört. Daraufhin informierte er sich und verstand allmählich das Problem. Zwar konnte er das Verhalten seiner Eltern nicht nachvollziehen, aber es gab scheinbar viele Menschen, denen es genauso ging. Er selbst fand, dass es egal war, wen jemand liebte, so lange man sich gegenseitig gut behandelte, aber diese Ansichten teilte kaum jemand mit ihm. Umso mehr er sich informierte, umso wütender wurde Ben und so begann er eines Tages sich für die Rechte der Homosexuellen einzusetzen. Darüber waren seine Eltern natürlich alles andere als glücklich, was es ihm noch schwerer machte ihre Ignoranz und Feindseligkeit zu ertragen. Als er achtzehn wurde, hatte Ben sich genug Geld zusammen gespart, um sich einen echten rosa VW-Bus zu kaufen. Er gestaltete ihn bewusst sehr feminin und fuhr damit durch die Lande, vor allem zu Veranstaltungen, bei denen es um Gleichberechtigung ging, aber auch, um seine Meinung öffentlich zu vertreten. Bei einer Veranstaltung traf er die Frau wieder, die ihm vor so vielen Jahren die Spardose geschenkt hatte. Sie stellte ihm ihre Lebensgefährtin vor und er erzählte ihr seine Geschichte. Die Frau lächelte und freute sich, da hatte sie den kleinen Bus wohl dem Richtigen geschenkt.
Rosa