„Wir haben jetzt drei Mal gebaut.“ – Zu Besuch im Mid-Century-Neubau von Joe Munoz in Luxemburg

von Sebastian

Made in Luxemburg: Die offene Küche im großen Wohn- und Essbereich wurde von den lokalen Herstellern KicheConcept und Menuiserie Kraemer angefertigt.

Ich erinnere mich noch gut, als wir Joe aka @Joe Munoz Anfang 2019 in seinem ehemaligen Haus besuchten. Vor knapp vier Jahren erzählte er uns bereits, dass er bald sein Traumhaus bauen würde. Umso spannender ist es jetzt, als wir durch den 220 qm großen bungalowähnlichen Neubau flanieren, der mit dem über 1.000 qm großen verwunschenen Garten zu verschmelzen scheint. Mit Terrazzoböden, warmen Holztönen und dem en détail durchdachten Wohnkonzept fühlen wir uns hier in Luxemburg bei Joe, seiner Frau und den beiden Kindern sofort wohl.

Gleichzeitig brennen wir darauf zu erfahren, weshalb sich die Familie zum dritten Mal dazu entschieden hat, einen Neubau zu planen, und warum es erst jetzt das Traumhaus geworden ist. „Kauft man billig, kauft man zweimal“, sagt Joe und gibt uns diesen sowie viele weitere wertvolle Tipps zur Hausplanung mit.

Einen Grundriss von Joes Haus findet ihr am Ende des Beitrags.

Speisen mit Ausblick ins Grüne: Um den Hülsta-Esstisch reihen sich die CH24 Wishbone Chairs von Hans J. Wegner für Carl Hansen & Søn.

„Die Spülmaschine haben wir hüfthoch geplant. Das würde ich jedem raten, der seine Küche neu plant.“

Blick vom Wohn- in den offenen Küchen- und Essbereich

Lieber Joe, wie würdest du deinen Wohnstil kurz und knapp beschreiben?

Stimmig, verspielt und geliebt.

Was gefällt dir an eurem neuen Haus besonders?

Ich muss ehrlich zugeben, dass mir fast alles am Haus gefällt. Wir haben jetzt drei Mal gebaut und konnten hier sehr individuell und nach unseren Wünschen bauen. Wenn ich aber etwas hervorheben könnte, dann wäre es der Garten mit seinen vielen Sitzmöglichkeiten.

Joes Lieblingsort des Hauses ist die Bibliothek samt Sitzfenster. „Der Ausblick ist wunderschön, und dabei von Büchern umgeben zu sein, ist schon etwas ganz Besonderes“, schwärmt er.

„Wir wollten nicht zu viele und nicht zu große Zimmer.“

Von der Küche aus hat man die Bibliothek mit gemütlichem Sitzfenster im Blick. Das am Hang erbaute Haus verfügt im oberen Stockwerk über gegossenen Terrazzoboden von Schlag Estrich. In den Schlafzimmern im Untergeschoss mit Gartenzugang wurde Parkett verlegt.

Wie lässt sich der Stil des Hauses beschreiben?

Der Stil des Hauses ist sehr Mid-Century-lastig ausgelegt: ruhig, aber auch verspielt und praktisch geplant.

Joe (37) ist Grundschullehrer und mittlerweile auch etablierter Künstler sowie Kinderbuchautor. Hierfür hat er sich im neuen Haus ein eigenes Atelier eingerichtet. Zwei Sachen, die wir noch nicht von ihm wussten? Joe liebt exklusiven japanischen Whisky und spielt seit 27 Jahren Schlagzeug.

Weshalb habt ihr euch dazu entschieden, ein neues Haus zu bauen?

Wir hatten vor drei Jahren das erste Haus in einer Neubausiedlung gebaut. Leider gingen die Bauarbeiten und der Verkauf der anderen Häuser und Grundstücke nur sehr schleppend voran. Wir waren ständig von Lärm umzingelt. Außerdem wurden die Häuser hinter unserem Haus viel höher als erlaubt gebaut. Somit hatten wir keine Privatsphäre mehr im eigenen Garten.

In den Außenbereich ist fast mehr Planung als in das Haus selbst geflossen: Die Cortenstahltrennung von MM Constructions Metalliques dient im Vorgarten als Mülleimerunterstellplatz, Holzunterstand sowie Sichtschutz. Durch sie ist eine Art Innenhof entstanden.

Das neue Grundstück habt ihr eher zufällig beim Spaziergang entdeckt. Warum habt ihr zugeschlagen, obwohl ihr ein schönes Haus hattet?

Ganz einfach: Ein Grundstück in so einer Lage, mit so einer Größe und in so einer Preisklasse war ein absoluter Glücksgriff. So etwas findet man nirgendwo mehr in Luxemburg und schon gar nicht im eigenen Dorf. Es war wie ein Sechser im Lotto! Ein richtiges Traumgrundstück, so wie man es aus Zeitschriften kennt. Wir sahen enorm viel Potenzial in dieser wilden Bauernwiese und wurden nicht enttäuscht, nachdem sie vollständig von Unkraut und umgefallener Vegetation befreit war.

Dir waren bei der Planung des Hauses vor allem Qualität, Stimmigkeit und ein Mix aus Ordnung und Verspieltheit wichtig. Was noch?

Uns war das Verschmelzen des Hauses mit der vorhandenen Vegetation sehr wichtig. Das Haus sollte förmlich in den Bäumen und Sträuchern untergehen. Da das Grundstück so groß ist, konnten wir uns den Traum von einem bungalowähnlichen Haus erlauben, der nur aus zwei Stockwerken besteht. Außerdem sollte jedes Schlafzimmer direkten Zugang zum Garten haben.

Bei Outdoormöbeln setzt Joe auf Hersteller wie EMU, Nardi oder Fatboy. „Und wir haben sehr viele Outdoorartikel von Weltevree – unsere absolute Lieblingsmarke für den Außenbereich“, ergänzt er. Bei der Gartengestaltung hatte die Familie die Unterstützung eines Landschaftsarchitekten von Pépinières GILLEN.

„Der Hausbau ist voll in die Corona-Pandemie gefallen – samt Corona-Baustopp“, erklärt Joe. Dennoch hat die Bauzeit nur 1 ½ Jahre gedauert. Trotz (Landschafts-)Architekten hat die Familie Haus und Garten zu großen Teilen selbst mitgeplant und entworfen. Das Haus wurde mit Porotonsteinen gebaut. „Die Wolle ist hier in den Steinen verarbeitet. Damit konnten wir auf Schaumisolationsblöcke verzichten, die das Haus nicht atmen lassen.“

Wie viele Zimmer habt ihr geplant?

Wir wollten nicht zu viele und nicht zu große Zimmer. Eher klein, gemütlich und kindgerecht. Neben dem großen Wohnbereich inklusive Bibliothek gibt es drei Schlafzimmer, ein Badezimmer, ein Bad en suite sowie mein Atelier.

Blick vom offenen Bad ins Elternschlafzimmer: Im ganzen Haus gibt es nur Duschen statt Badewannen. Die Armaturen sind von Gessi.

Die Küche ist so geplant, dass sie nicht wirklich wie eine Küche wirkt …

Genau. Sie soll als ein Teil des Ganzen wirken. Da wir eine große Abstellkammer haben, konnten wir die eher schmal gehaltene Küche etwas reduzieren. Nur die Kücheninsel thront in der Mitte. Die Spülmaschine haben wir hüfthoch geplant. Das würde ich jedem raten, der seine Küche neu plant. Außerdem sind keine Elektrogeräte sichtbar.

Die Fenster von Breverl wurden so geplant, dass man von der Küche aus die Bäume sehen kann.

Und worauf habt ihr bei der Gestaltung des Wohnzimmers Wert gelegt?

Auch hier wurden die Bäume vor dem Haus von den Fenstern so umrahmt, dass man glaubt, man säße in einem Baumhaus. Außerdem war es uns wichtig, dass das um die Bibliothek herum geplante Wohnzimmer nicht zu groß wirkt – eher kuschelig und gemütlich.

Joes größter Glückskauf ist der PK22-Sessel von Fritz Hansen in der Bibliothek. „Wegen seiner zeitlosen Eleganz und weil er so bequem ist“, erklärt er. Ein vintage Bertoia Chair mit Ledereinlage steht aktuell auf seiner Wunschliste.

„Man glaubt, man säße in einem Baumhaus.“

Das Sofa im klein gehaltenen Wohnzimmerbereich ist von BoConcept. Prouvés Guéridon Bas dient als Couchtisch.

Wo lässt sich beim Bau Geld sparen, worin sollte man lieber investieren?

Wir haben viel in Qualität investiert. Für den Innenausbau haben wir einen lokalen Schreiner genommen. Der Architekt war regional und fast alle Firmen, die am Bau beteiligt waren, sind Experten auf ihrem Gebiet. Kauft man billig, kauft man zweimal. So lässt sich eher langfristig Geld sparen. Trotzdem ist es meiner Meinung nach nicht verkehrt, beim Bau etwas mehr zu investieren.

Anstelle von Rollläden hat sich die Familie für schöne Wave-Vorhänge und Verdunklungsstoffe entschieden. Für den Innenausbau war bezüglich Treppe, Schränke, Kommoden und Parkett im Untergeschoss die Schreinerei Menuiserie Kraemer zuständig.

„Räume, die man als nicht so wichtig ansieht, sollten etwas größer geplant werden.“

Anstelle einer Holzterrasse hat die Familie im Außenbereich auf altbewährte Klinkersteine gesetzt. „Holzterrassen vergrauen mit der Zeit und werden spröde. Wir haben in langlebige, qualitative Werkstoffe investiert“, erklärt Joe. „Zudem spielt Licht für uns eine ganz große Rolle, da es sich massiv auf das Wohlbefinden auswirkt.“

Welche Tipps für den Hausbau hast du für uns?
  1. Man sollte sich genau mit der Verkabelung bzw. mit dem Licht beschäftigen. Habe ich genug Steck- und Internetdosen? Habe ich im Außenbereich ausreichend Steckdosen und Erdkabel verlegt?
  2. Habe ich genug Wasseranschlüsse außen? Diese Dinge werden teuer, wenn man sie nachrüsten muss.
  3. Ich würde nicht zu viele Lichtquellen im Haus einplanen – eher den Bedürfnissen entsprechend mit indirekter Beleuchtung und Stehleuchten arbeiten. Wo lese ich? Wo arbeite ich? Beim ersten Bau hätte ich mir eine bessere Lichtplanung gewünscht.
Dein allerwichtigster Tipp aber ist …

Dass die Räume, die man als nicht so wichtig ansieht, etwas größer geplant werden – zum Beispiel der Technik- und der Abstellraum oder die Garage. Man sammelt mit den Jahren so viel an und oft fehlt einem der Stauraum, weil man vielleicht Wohnzimmer und Kinderzimmer überdimensioniert geplant hat.

Wie habt ihr das gelöst?

Wir haben einen recht großen Abstellraum und eine große Waschküche bzw. einen Technikraum. Dies ermöglicht uns eine schön aufgeräumte Küche. Alle Elektrogeräte und Esswaren befinden sich in diesem Raum, welcher auch direkt an die Garage grenzt. So können wir die Einkäufe vom Wagen aus sofort einräumen, hier die Wäsche waschen und in aller Ruhe bügeln.

Würdest du aus heutiger Sicht etwas anders machen?

Man kann immer etwas anders machen. Aber das lässt auch Raum für Wünsche. Und wenn man keine Wünsche mehr hat, dann gibt es nichts mehr, wonach man streben kann. Ich lasse mir diesen Spielraum.

Den durch alten Baumbestand blickdichten Garten konnte die Familie ganz nach eigenen Vorstellungen anlegen und gestalten. Die Butterfly Chairs sind von AA NEW DESIGN.

„Uns war das Verschmelzen des Hauses mit der vorhandenen Vegetation sehr wichtig.“

Dutchtub von Weltevree ist ein holzbefeuerter Minipool, den die Familie zu jeder Jahreszeit nutzt.

Hast du abschließend noch einen Einrichtungstipp für uns?

Ich würde nicht zu viel mit aktuellen Trends mitlaufen und nicht probieren, das Haus so einzurichten, wie ich es in Zeitschriften sehe. Man gibt viel Geld aus und merkt irgendwann: Das ist doch eigentlich gar nicht mein Stil, das bin nicht ich! Wenn man sich auf einen Stil festgelegt hat, sollte man nicht zu viel davon kaufen. Lieber sich Zeit lassen und ein wenig auf sich wirken lassen.

Das Haus wurde von frei (Raum) architekten geplant und von Carvalho Constructions gebaut. Bei der Fassade hat sich die Familie für eine Besenstrichtechnik entschieden, was ein recht spannendes Bild ergibt. Die Außenbeleuchtung ist wie die Lichtschienen und Spots innen von SLV.

Lieber Joe, vielen Dank für das schöne und spannende Interview!

Um in Zukunft kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr @Joe Munoz hier folgen. Und hier geht es zu Joes Homestory im vorherigen Haus.

Zu allen Homestorys geht’s hier entlang.

Kommentare (37)

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