Wohnen und Einrichten im Bauhaus Stil - Seite 2
Obwohl es im 20. Jahrhundert viele moderne Design-Stile gab, ist der Bauhausstil wohl am engsten mit der Idee des Modernismus und des "Weniger ist mehr" verbunden. Das Bauhaus war eine von Walter Gropius gegründete Schule für Gestaltung, die die Fächer Architektur, Schreinerei, Töpferei, Metallarbeit, Glasarbeit, Bühnenbildnerei, Fotoarbeit und Werbegrafik lehrte. Als Lehrer konnte Gropius bedeutende Künstler wie Lyonel Feininger, Johannes Itten, Josef Albers, Paul Klee (ab 1921), Wassily Kandinsky (ab 1922), Oskar Schlemmer (ab 1921) und László Moholy-Nagy (ab 1923) für das Bauhaus gewinnen.
Von 1919 bis 1925 war das Bauhaus in Weimar ansässig, dann von 1925 bis 1932 in Dessau und dann für kurze Zeit in Berlin, bevor es von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Viele Bauhaus-Angehörige emigrierten in die USA, wo sie die Ideen und Konzepte des Bauhaus Stils weiterführten. So lehrten beispielsweise Walter Gropius und Marcel Breuer an der Graduate School of Design in Harvard, wo sie viele amerikanische Designer prägten. So beeinflusste das Bauhaus nicht nur das deutsche, sondern auch das internationale Design tiefgreifend. Zu den wichtigsten Möbeldesignern des Bauhaus Stils gehören Le Corbusier, Mies van der Rohe, Marcel Breuer und Eileen Gray.
Bauhausstil: Die Soziale Verantwortung des Designers
Die Bedeutung des Bauhaus Stil für das moderne Design besteht vor allem in dessen radikaler Philosophie, die die Gedanken der führenden Personen der englischen Arts and Crafts-Bewegung, John Ruskin und William Morris, auf die industrielle Produktion anwendet. Dabei betont der Bauhaus Stil die soziale Verantwortung des Designers als eines Gestalters der Umwelt der Menschen – so war es ein wichtiges Anliegen des Bauhausstils, preiswerte, aber trotzdem hochwertige Wohnungen und Möbel für die Arbeiterschicht zu schaffen. Im Bauhaus Stil werden die Grundlagen gelegt für eine neue Art des Designs, die das gesamte Industriedesign der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusst hat.
Ein Leitbild des Bauhaus Stils war es, die Architektur als Gesamtkunstwerk mit den anderen Künsten zu verbinden. Entsprechend hieß es im Bauhaus-Gründungsmanifest von 1919 auch: "Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau". Zu den wichtigsten am Bauhaus entworfenen Gebäuden gehören des von Walter Gropius entworfene Dessauer Bauhaus-Gebäude selbst (1926) sowie die ebenfalls von Walter Gropius entworfenen Meisterhäuser für die Meister (Lehrer) am Bauhaus. Durch die Emigration vieler Bauhaus-Angehöriger nach 1933 wurden der Bauhausstil in der internationalen Architektur verbreitet.
Bauhausmöbel: Funktionalität in Metall und Glas
Zentral für die funktionalistische Designphilosophie des Bauhaus ist die Verbindung des Gedankens der Materialtreue – die Form soll die Eigenschaften des Materials widerspiegeln – mit dem Motto „Form entsteht aus Funktion“.
Durch die Verwendung abstrakter Formen und den Verzicht auf jedes Ornament sollen standardisierte, funktionale Objekte geschaffen werden, die preiswert industriell hergestellt werden können. Schlichte geometrische Formen ohne jede ornamentale Oberflächengestaltung verweisen auf den mechanisierten Herstellungsprozess der Bauhausmöbel. Beeinflusst sind diese Konzepte unter anderem vom russischen Konstruktivismus und der niederländischen Künstlergruppe De Stijl, die die Realität in klare geometrische Flächen und Linien auflösen und ihre Bilder von jedem Gegenstandsbezug befreien.
Bevorzugte Materialien für Bauhausmöbel sind Metall und Glas – in ihrer Härte und Kälte sehr symbolische Materialien, die eine Vielzahl von Emotionen hervorrufen können. Aus diesen Materialien werden klar gegliederte kastenförmige Bauhausmöbel hergestellt, deren Schmuck die fein abgestimmten Proportionen vertikaler und horizontaler Teile sind. Eine wichtige Rolle nehmen dabei die Sitzmöbel ein – besonders Mart Stam und Marcel Breuer revolutionieren mit ihren hinterbeinlosen Freischwingerstühlen aus Stahlrohr die Vorstellungen vom Wohnen. In eine ähnliche Richtung denkt der Franzose Jean Prouvé, als er Stühle aus Stahlblech entwirft, die sich durch ihre kompromisslose Klarheit auszeichnen. Eine Alternative zu den modernistischen Bauhausmöbeln aus Stahl und Glas formuliert dagegen der Finne Alvar Aalto mit seinen in organischen Formen gehaltenen Holzmöbeln, die das skandinavische Design nachhaltig beeinflussen.
Die Nachwirkung des Bauhaus
1953 wurde in Ulm die Hochschule für Gestaltung (HfG Ulm) gegründet, die nach dem Vorbild des Bauhaus konzipiert und bis 1956 von Max Bill geleitet wurde. Ein typisches Bauhausmöbel Bills ist der minimalistische Ulmer Hocker (1954), der in der Schreinerei der HfG maschinell gefertigt wird und Sitz, Beistelltisch, Rednerpult, Regal, Tablett und Tragehilfe in einem ist. Die HfG führte den sachlichen Stil des Bauhaus weiter und band unter anderem die neuen Einflüsse der Schweizer Typografie in ihre Akzidenzen und Grafiken ein. Ein Designer, der mit seinen minimalistisch-funktionalen Entwürfen gestalterisch der HfG nahesteht, ist Dieter Rams.
Die Bauhausmöbel gerieten mehrere Jahrzehnte lang in Vergessenheit. Erst Anfang der 1970er-Jahre kamen eine Reihe von Bauhausmöbeln und Gebrauchsobjekten als lizenzierte Reeditionen auf den Markt, die bis heute die Vorstellung eines einheitlichen Bauhausstils prägen.