„Weil mein Partner und ich unterschiedliche Bedürfnisse haben, hat sich jeder sein eigenes kleines Reich gebaut.“ – Zu Besuch in mywes Holz-Glas-Kubus in der Schweiz

von Nicole

In unserer neuen Serie „Projekt Traumhaus“ stellen wir euch heute das 125 qm große minimalistische, japanisch inspirierte Holz-Haus von Myriam (47) aka @mywe vor. Die Schweizerin und ihr Partner wohnen Tür an Tür in ihren jeweils eigenen Häusern! Ihr feinsinniges Haus strahlt Geborgenheit und Wärme sowie Respekt vor der Natur aus. Für welchen Grundriss sich Myriam innerhalb kürzester Zeit entschieden hat, welche Reflexionen in ihre Entscheidungen eingeflossen sind und wie sie das optimale Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht hat, erfahren wir heute.

Am Ende des Beitrages findet ihr das Herstellerverzeichnis und den Link zu @mywe s Homestory.


    

Liebe Myriam, wie lebst du?
Ich wohne seit 2012 mit meinen zwei Katern in einem Haus im ländlichen Schweizer Mittelland. Mein Lebenspartner wohnt gleich nebenan in seinem eigenen Wohnatelier. Das Haus befindet sich auf einem gemeinschaftlichen Grundstück, das ca. 4.500 m² umfasst und worauf noch weitere drei Wohn- und Ateliereinheiten stehen.
    

Der Bach verläuft durch das Grundstück.
    

Und es gibt auch noch einen Bach – das klingt traumhaft!
Ja, das Grundstück war im 19. Jahrhundert eine Kiesgrube und wurde ab 1970 von einem Baugeschäft als Werkhof genutzt. Charakteristisch ist, dass es tiefer liegt als das Dorf, die Hänge von Wald bewachsen sind und das ganze Areal von einem Bach umflossen wird. Es gibt zudem einen großen Grundwasser-Forellenteich.
   

„Als Kind habe ich immer davon geträumt, einmal ein Haus an einem Bach zu haben.“
   

Viele fragen sich sicherlich: Wie findet man so etwas Besonderes?
Ernsthaft gesucht haben wir nicht. Das Grundstück hatte sozusagen uns gefunden. Ein Freund hat uns den Platz gezeigt, da er dachte, er passt zu uns – und es war tatsächlich Liebe auf den ersten Blick!
    


   

Wolltest du schon immer einmal ein Haus bauen?
Als Kind habe ich immer davon geträumt, einmal ein Haus an einem Bach zu haben, das so schön ist, dass es in „Schöner Wohnen“ gezeigt wird. ;-) Trotzdem war Bauen und das Leben auf dem Land für mich zuvor nie ein Thema. Das Grundstück haben wir zusammen mit einer dritten Partei gekauft. Jeder konnte auf dem Areal das realisieren, was ihn am meisten interessiert. Weil mein Partner und ich unterschiedliche Bedürfnisse haben, entschied ich mich spontan, mein eigenes kleines Reich zu bauen.

Myriam reist oft nach Japan und hat sich von der dortigen Architektur inspirieren lassen. Ihren Japan-Reiseguide findet ihr hier.
      

Und wie würdest du dein jetziges „kleines Reich“ beschreiben?
Mein Haus ist ein minimalistischer Holz-Glas-Kubus: außen eher kühl, innen gemütlich und warm. Durch die großen Fensterfronten verschmelzen Innen- und Außenraum, so wie ich es bei traditionellen japanischen Häusern liebe. Beide Geschosse sind modern offen gestaltet. Der vordere Teil des Hauses ist in Pfosten-Riegel-Bauweise konstruiert, was ihm auch einen traditionellen Charakter verleiht.
   

„Der Bau musste günstig sein, aber ich wollte bezüglich Energiefragen und Qualität der Materialien keine Kompromisse eingehen.“
  

Was war dir bei der Planung deines Hauses wichtig?
Das Haus musste in die Umgebung und zur gegebenen Bausubstanz passen. Sehr wichtig waren ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis, natürliche Materialien und Minergie-Standard. Minergie ist eine geschützte Marke für nachhaltiges Bauen. Der Bau musste günstig sein, aber ich wollte bezüglich Energiefragen und Qualität der Materialien keine Kompromisse eingehen.
    


   

Für welche Bauweise hast du dich entschieden?
Für mich war von Anfang an klar, dass es ein Holzbau wird, einfach aus dem inneren Gefühl heraus. Holz hat viel Seele und befriedigt sehr urtümliche Bedürfnisse.
Das Haus ist in Ständerbauweise und Elementbau konstruiert. Es ist nicht unterkellert und steht auf einfachen Streifenfundamenten. Das Holz stammt aus der nahen Umgebung. Neben Holzwänden gibt es zahlreiche mit Naturkalk glatt verputzte Fermacell-Wände, die für ein optimales Raumklima sorgen.

Und wie lange hat der Hausbau gedauert?
Vom Fundament bis zum Einzug hat der Bau sechs Monate gedauert.
    


    

Wie bist du bei der Planung vorgegangen?
Ich hatte mir selbst sehr strenge Vorgaben auferlegt, damit das finanziell und planerisch nicht ausuferte. Ein Kubus mit zwei Etagen schien mir sehr ökonomisch und passt zur bereits vorhandenen Bausubstanz auf dem Gelände. Wasser und Heizungsleitungen habe ich so geplant, dass sie in den beiden Etagen übereinanderliegen. Der Platz unter der Treppe wurde für ein WC und einen Abstellraum genutzt.
   

Fire & Ice: Der Kamin ist durch das Tunnelfenster sowohl vom Ess- als auch vom Wohnzimmer einsehbar.
   

Und bei der Innenarchitektur?
Da bin ich sehr intuitiv vorgegangen. Ich habe mir bei der Planung jeweils vorgestellt, in welchen Räumen ich mich in der Vergangenheit besonders wohlgefühlt habe, und habe versucht, das zu vermeiden, was mich in den Mietwohnungen gestört hat. Das alles musste in den Grundriss passen, den ich an die gegebenen Umstände, wie zum Beispiel  den gesetzlichen Bachabstand, ausgerichtet hatte. Da ich sehr spontan gebaut habe und vorher nie Wohn- und Architekturzeitschriften studiert hatte, habe ich es einfach so gezeichnet, wie es für mich richtig erschien. Als Restauratorin habe ich beruflich bedingt ein großes Materialwissen, was mir sicher zugutegekommen ist.

Hattest du Hilfe von einem Architekten?
Ich habe das Haus selbst entworfen und ein befreundeter Architekt hat alles Formale für die Baueingabe übernommen. Die Holzbaufirma hat die Konstruktionspläne gezeichnet. Es waren nur Betriebe aus der Region beteiligt, mit denen ich die Details direkt besprechen konnte. Ich hatte einen unabhängigen Bauführer, der mich ebenfalls stark unterstützt hat, damit ich meine Vorstellungen umsetzen konnte.

Worauf hast du jeweils bei der Gestaltung von Küche, Wohnzimmer und Badezimmer Wert gelegt?
Ich wollte eine offene Küche mit einer Insel, um endlich eine große Plattform für meinen chaotischen Kochstil zu haben. Die Oberfläche musste matt-weiß lackiert sein, obwohl damals Hochglanz angesagt war. Die terrakottafarbene, geseifte Kalkwand sorgt für etwas mediterrane Stimmung.
     


     

Im Wohnzimmer habe ich meinen Traum von einem zentral platzierten Speicherkamin mit Rostmantel umgesetzt. Er hat ein Tunnelfenster, damit ich am Esstisch sowie auch auf dem Sofa freien Blick auf das Feuer habe. Er ist nun gleichzeitig auch ein Raumteiler, sodass die Sofaecke abgeschlossen und sehr gemütlich ist. Küche, Wohn- und Esszimmer sollten einen komplett freien Blick ins Grüne haben.
   


   

Im Badezimmer wollte ich unbedingt eine frei stehende Badewanne und eine großzügige Dusche, bei der man einfach reinlaufen kann, ohne sich die Füße an der Glastür anzuschlagen. Das Bad ist mit 10 m² großzügig, aber nicht riesig. Es hat ebenfalls Kalkwände, wovon eine in einem Beigeton gehalten und geseift ist. Mir war wichtig, dass ich vom Schlafzimmer einen direkten Zugang zum Bad habe. Holzböden in allen Räumen, außer im WC im Erdgeschoss, waren ebenfalls auf der Wunschliste.
   


   

Wo lässt sich beim Bau gut Geld sparen?
Ich habe ein paar unkonventionelle Methoden angewendet, um günstig und einfach zu bauen. Die Geschossdecke besteht aus massiven Holzbalken, die mit Nut und Feder verlegt wurden. So hatte ich ohne großen Aufwand gleichzeitig einen schönen Holzboden im OG und eine Holzdecke im EG. Ein Teil des Hauses ist in Elementbau konstruiert, das sind in der Großschreinerei vorfabrizierte Elemente, die mit eingeblasenen Altpapierschnipseln isoliert sind. Diese Elemente habe ich im Treppenhaus und im Flur roh belassen. Man sieht sogar die Tacker vom Roboter. Ich wollte Holzfenster, was aber das Budget gesprengt hätte. Der Kompromiss sind nun Holzfenster, die eigentlich in der Produktion weiß gespritzt worden wären. Diese Fensterrahmen bestehen aus zusammengesetzten Holzstücken, was man aber kaum sieht, und kosteten wesentlich weniger. Ein Teil der Innenwände besteht aus nur 4 cm dicken Holzplatten. Es gibt zudem einige offen in Zinkrohren verlegte Stromleitungen, die Steigleitungen der Heizungen sind ebenfalls sichtbar und werden nur durch die Gardinen verdeckt.
    

„Die Energie, die man reinsteckt, kommt definitiv zurück.“
  

Was konntest du bei deinem Haus selber machen?
Etwas frustrierend war, mit meinem Partner einen begabten Handwerker zur Seite zu haben, der aber mit seinem eigenen Bauprojekt beschäftigt war. Ich habe mir dann überlegt, was ich selbstständig ausführen könnte, und habe mich für einige Aufgaben entschieden: das Versäubern der Fermacell-Wände, das Verputzen der Wände mit Naturkalk, das Schleifen, Laugen und Seifen des Bodens im Obergeschoss, das Fliesenlegen im WC und das Streichen der gesamten Holzfassade. Es war ein Kraftakt, hat sich aber in jeder Hinsicht gelohnt! Die Energie, die man reinsteckt, kommt definitiv zurück, und ich kann jetzt auch alle Schäden selber ausbessern. Mein Partner hat mir zwei Jahre später dann noch den Speicherofen mit Metall verkleidet und die Außentreppen angefertigt.
     


   

Hast du deinen Garten selbst geplant und angelegt?
Nachdem ich fünf Jahre versucht habe, eine überzeugende Gartenplanung für dieses nicht alltägliche und in gewissen Hinsichten schwierige Grundstück zu machen, habe ich letztes Jahr eine Gartenarchitektin für Naturgärten beauftragt. Das erarbeitete Konzept habe ich mit einer Gartenbaufirma und meinem Partner im Dezember umgesetzt. Diesen Sommer konnten wir im neu angelegten Naturgarten genießen, der der Umgebung um das Haus perfekt angepasst ist. In den nächsten Jahren wird das Konzept auch noch auf die weitere Umgebung ausgedehnt. Fertig ist der Garten noch lange nicht.

Warum möchtest du genau so wohnen?
Viel Platz, den großen Garten, Ruhe, die Nähe zur Natur und den rauschenden Bach möchte ich nicht mehr missen. Als Stadtkind war es für mich ein Experiment, das aber vollumfänglich gelungen ist! Ich fühle mich viel freier als in der Stadt und zum ersten Mal habe ich das Gefühl, ich sei angekommen.
    


    

Welchen besonderen Tipp hast du für uns?
Ich bekam den Tipp, dass nicht alles von Anfang an fertig und perfekt sein muss, und habe mich daran gehalten. Ich habe zum Beispiel erst nach vier Jahren Sonnenstoren und Jalousien in die vorbereiteten Kästen einsetzen lassen. Vor dem Bauen wusste ich nicht, welche, und finanziell hätte es nur für die günstigsten gereicht. Den Außenraum habe ich erst letzten Dezember verändert. Auch hier wäre ich finanziell und gestalterisch nicht in der Lage gewesen, dies damals umzusetzen.

Und hast du einen weiteren wichtigen Rat an alle, die bauen möchten?
Ja, mir scheint es wichtig, dass man sich selbst sehr gut über technische und materielle Details informiert, damit man mit den Firmen fachlich diskutieren kann. Ich habe mich von allen Beteiligten sehr ernst genommen gefühlt. Die Präsenz auf der Baustelle, die persönlichen Gespräche und vor allem auch die Freude und Begeisterung für das bereits Geschaffene führen sicher zu besseren Resultaten.

Welche Gedanken sollte man sich machen, bevor man sich für das Bauen entscheidet?
Grundsätzlich muss man einfach eine genaue Vorstellung haben, was man will, sich von Anfang an über die finanziellen Möglichkeiten im Klaren sein und Prioritäten setzen.
    


   

Aus heutiger Sicht: Würdest du etwas anders machen?
Es gibt nur wenige kleine Details, die ich ändern würde. Konkret werde ich nächstes Jahr im Wohnzimmer einen Heizkörper versetzen lassen. Insgesamt fühle ich mich aber pudelwohl im Haus. Ich habe die Bauzeit als anstrengend, aber sehr interessant und inspirierend erlebt. Ich würde jederzeit wieder bauen!
   

Liebe Myriam, vielen Dank für das so informative und spannende Interview! Um kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr @mywe hier folgen. Und hier geht´s zu ihrer Homestory.
    

HERSTELLERINFOS:    
Meine schöne Badewanne ist von Kaldewei mit einer Wannenarmatur von Newform. Die restlichen sanitären Anlagen sind von Keramik Laufen und die Armaturen von Hansgrohe. Die Küche ist von Störmer und die Geräte sind von Siemens. Die massiven Eichendielen sind vom lokalen Schreiner, Naturkalk von Haga Naturbaustoffe, Lauge, Seife und Öle von Biofa. Die Jalousien bestehen aus Soltis-Gewebe und die Fassadenfarbe ist GreyWood Tyrol von Caparol.

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