„Ich möchte kein Sklave meines Gartens sein.“ – Im Garten bei Rosmarina

von Sebastian

Im Garten von Bettina (46) aka @Rosmarina ist immer etwas im Gange. Auf dem 1.000 qm großen Grundstück kombiniert sie mit Feingefühl und Fachwissen Strukturen, Farben und Texturen so, dass die Illusion von Natürlichkeit entsteht. Das Ergebnis? Ein Wohlfühlgarten, der ereignisreich und pflegearm ist. Lauscht man Bettinas Worten im Grünen, spürt man unmittelbar ihr Herzblut für den Garten. Kein Wunder, denn sie und ihr Mann sind nicht nur privat ziemlich gartenaffin, sondern haben sich auch beruflich dem Thema verschrieben. Während ihr Mann sein Hobby zum Beruf gemacht hat, ist bei Bettina eher aus dem Beruf ein Hobby entstanden.

Das ist super, denn so gibt es heute wertvolle Gartentipps von Profis! Wie Pflanzen in Kombination pflegeleicht werden können? Warum ein Garten, in dem nur entspannt werden möchte, eine besonders gute Planung braucht? Weshalb eine Prise Gelassenheit so wichtig ist? Ein Spaziergang durch Bettinas Garten gibt Antworten ...

Wie Bettina ihren Garten mit drei Worten beschreiben würde? – „Ereignisreich, dynamisch, heiter.“

Liebe Bettina, wie schön, dass wir heute bei richtigen Gartenprofis zu Besuch sind. Erzähl doch bitte kurz, was genau du und dein Mann beruflich macht.

Ich bin Baumschulgärtnerin, Dipl.-Ing. agr. (FH) und Inhaberin eines mittelständischen Baumschulunternehmens. Zum Thema Garten ergänze ich mich ziemlich gut mit meinem Mann, der Landschaftsarchitekt ist. Ich liefere, er pflanzt! Wir sind beide keine Pflanzenfetischisten, aber das Wissen um die Ansprüche und Lebensbereiche von Pflanzen ist sicher kein Nachteil.

Gemeinsam mit ihren beiden Kindern leben sie in einem ursprünglich von den Großeltern 1970 erbauten Einfamilienhaus am Hamburger Stadtrand, das sie 2010 saniert, um- und ausgebaut haben. Zu Bettinas Homestory geht es hier entlang.

In welchem Zustand war der Garten, als ihr das Haus saniert habt?

Die Großeltern haben den Großteil ihres aktiven Rentnerlebens in ihrem Garten mit großem Gemüsegarten und zahlreichen Obstbäumen verbracht. Leider hielten sie Fichten und Blautannen für geeignet als Flächenteiler und Hecken. Nach Windwurf und der folgenden Entfernung der wahnsinnig hohen und teils vergreisten Gehölze sowie einer zuletzt vernachlässigten Gartenpflege musste ein kompletter Gartenneustart erfolgen.

Auf der Westseite befindet sich der Vorgarten und die Hauptterrasse. Die zurückgesetzte Lage des Gebäudes war von den Großeltern klug gewählt: So ist das Haus umgeben von dem eigenen Garten sowie den Nachbargärten. Beim Ausbau der B4 im Jahr 1968 hatte der Großvater mit den Lkw-Fahrern einige Fuhren Boden gegen zwei Kisten Bier getauscht, sodass das Haus etwas erhöht auf dem Grundstück erbaut werden konnte.

Wie sah der Gartenneustart aus?

Die ursprüngliche Rasenfläche des Vorgartens haben wir zur Pflanzfläche umgewandelt, da wir auf diese aus dem Wohn- und Essbereich das ganze Jahr über schauen. Als neue Hausbäume haben wir eine mehrstämmige Himalaya-Birke und eine Tokyo-Kirsche gepflanzt – beides tolle Vier-Jahreszeiten-Gehölze.

Der hintere Teil des Gartens ist nach Osten ausgerichtet und wird als Spiel- und Tobegarten genutzt. Hier befindet sich auch eine Frühstücksterrasse. Die chili-roten Luxembourg-Stühle von Fermob machen sich gut als Blickfang unter einem der Essigbäume.

„Strukturen, Farben und Texturen werden so kombiniert, dass die Illusion von Natürlichkeit entsteht.“

Auf beiden Terrassen stehen Gartentische aus Holz, die entweder mit Eames Fiberglas und DKR Wire Chairs von drinnen ‚bestückt‘ werden oder an denen Outdoorstühle mit PE-Geflechtbespannung eines Gastronomieausrüsters stehen.

Wie würdest du euren Garten heute beschreiben?

Ein SoLebIch-Mitglied hat unserem Garten mal das Etikett ‚New German Style‘ versehen. Das passt gut, um ereignisreiche wie pflegearme Bepflanzungen zu beschreiben. Gehölze, Stauden und Gräser werden gemäß ihres natürlichen Standortes und ihrer Konkurrenzeigenschaften verwendet. Strukturen, Farben und Texturen werden so kombiniert, dass die Illusion von Natürlichkeit entsteht. Mit Zwiebelblühern kombiniert, ist in unserem Garten immer etwas im Gange. Dazu kommen ein paar immergrüne Ruhepole und ein Heckenrahmen. Insektenfreundlichkeit und ein interessantes, strukturreiches Winterbild gibt’s obendrein.

„New German Style“

„Viele Pflanzen werden durch die richtige Kombination miteinander pflegeleicht.“

Zwiebelblüher

Bettinas Lieblingsplatz im Garten befindet sich auf dem Holzdeck im lichten Bambusschatten. Hier steht auch ihr Lieblingsoutdoormöbel: das selbst gebaute Daybed mit Turnmatte als Auflage. Zur Erntezeit hält sich Bettina am liebsten im Gewächshaus auf.

Welche deiner Pflanzen würdest du als pflegeleicht bezeichnen?

Als Gartenfan fällt es mir schwer, das Thema Garten immer wieder ausschließlich unter dem Attribut ‚pflegeleicht‘ zu betrachten. Wenn aus den ungebundenen Kleinpflasterfugen der Auffahrt mal wieder das Unkraut sprießt, dann sagt mein Mann, er geht zum Meditieren und jätet eine Runde. Viele Pflanzen werden durch die richtige Kombination miteinander pflegeleicht. Wenn die Pflanzengesellschaft zum Standort passt und Stauden und Gräser den Boden gut bedecken, wird Unkrautaufwuchs gehemmt und die Fläche wird pflegeleicht.

Bettina und ihr Mann haben eine Problemfläche mit Storchschnabel (Geranium) ‚Rozanne‘ und Frauenmantel (Alchemilla) bepflanzt: Vom Boden ist im zweiten Jahr nach der Pflanzung nichts mehr zu sehen und es blüht und blüht und blüht.

„Mit einem eigenen Garten ist es ein bisschen wie mit einem Haustier: Freude und Verpflichtung zugleich.“

„Das Etikett ‚New German Style‘ passt gut, um unsere ereignisreiche wie pflegearme Bepflanzung zu beschreiben.“

Hast du als Pflanzenkennerin und -liebhaberin eigentlich eine Lieblingspflanze?

In der Baumschule produzieren wir im Jahr mehrere Zehntausend Hortensien in allen Formen – und ich liebe Hortensien! Bauernhortensien wachsen in unserem Garten in Kübeln: Die hinreißend morbide verfärbten Blütenbälle verwende ich getrocknet als Tischdeko.

Neben Hortensien liebt Bettina die Kletterrose ‚Bobby James‘, die 20 Meter hoch in Nachbars riesige Kiefer geklettert ist. „Blütenmasse und Duft sind einfach umwerfend“, schwärmt sie. Außerdem freut sie sich jedes Jahr auf die Blüte der Tokyo-Kirsche (Prunus x yedoensis) im Frühjahr.

Bettinas Mann ist Fan von Wanderern im Garten: Pflanzen, die sich selbst aussäen, wie Akeleien (Aquilegia vulgaris), Patagonisches Eisenkraut (Verbena bonariensis), Stockrosen (Alcea rosea) und Fingerhut, den sie persönlich gar nicht mag.

Wichtig zum Wohlfühlen im Garten ist …?

… dass unser mit ‚heiterer Gelassenheit‘ gestalteter Garten auch mal verzeiht – im Unterschied zu sehr formalen Gärten, bei denen Pflegerückstände sofort das Gartenbild ruinieren. Ich möchte kein Sklave meines Gartens sein.

Gelassenheit am Wegesrand

Welche deiner Pflanzen würdest du nicht wieder verwenden?

Hoher Bambus (Phyllostachys) ist mit dem Rascheln der feinen Blätter, dem Wogen der Halme und dem flirrenden Schattenwurf toll. Trotz professioneller Rhizomsperre ist unserer an der Terrasse ausgebüxt und treibt nun aus Rhizomen unterhalb des Holzdecks immer wieder aus. Das ist ziemlich lästig! Besser beim nächsten Mal Fargesia nehmen.

Zum Abschluss: Hast du noch einen Tipp für Gartenneulinge?

Mit einem eigenen Garten ist es ein bisschen wie mit einem Haustier: Freude und Verpflichtung zugleich. Um den Garten auf die eigenen Vorlieben maßzuschneidern, auf den Ort einzugehen und die Entwicklung des Gartens (und damit den Pflegeaufwand) einzukalkulieren, geht es nicht ohne Planung. Wer im Garten ‚nur‘ grillen und chillen möchte, braucht im Grunde genommen eine besonders gute Planung.

„Sich andere Gärten anzuschauen, ist immer eine gute Idee.“

Wo holt man sich am besten Inspiration und Hilfe?

Sich andere Gärten anzuschauen, ist immer eine gute Idee. Auch eine Beratung von Fachleuten muss nicht gleich mit einer riesigen Honorarrechnung enden. Ein Beratungsgespräch als zweite, unvoreingenommene Meinung wirkt häufig ausgesprochen inspirierend und kostet nicht die Welt (wirbt mein Mann, Landschaftsarchitekt).

Bettinas Garten im Winter: Links ist der neue Hausbaum zu sehen – eine mehrstämmige Himalaya-Birke aka Betula jacquemontii, die zu jeder Jahreszeit toll aussieht.

Liebe Bettina, vielen Dank für das schöne und spannende Interview im Grünen!

Um in Zukunft kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr @Rosmarina hier folgen. Und hier geht es zu ihrer Homestory.

Über die SoLebIch-Gartenstorys: Es grünt und blüht überall, doch niemals gleich: In unseren grünen Homestorys versammeln sich individuelle Fragen und Antworten, Bildergalerien und Pflanztipps von Hobbygärtnern, Profis und Interessierten zum Thema Garten. Ob kleiner Stadtgarten oder großes, ländliches Grundstück – all diese Gärten sind traumhaft schön und inspirierend. Ladet jetzt eure ersten Gartenbilder auf SoLebIch hoch und werdet Teil unserer Serie!

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